Könige im frühen Mittelalter hatten oft keinen festen Regierungssitz. Statdessen reiste der König mitsamt seinem Hof von Palast zu Palast. Diese Praxis wird auch als Reisekönigtum bezeichnet. Zu Reisen anstatt von einem festen Sitz zu regieren hatte handfeste Gründe und Vorteile.
Eine ganz wichtige Aufgabe von Mächtigen und Herrschenden ist es Präsenz zu zeigen. Denn nur so wird den Untertanen verinnerlicht, wer das Zepter in der Hand hat und was der Herrschende für Charaktereigenschaften und für ein Aussehen hat.
Heutzutage berichten Medien wie Fernsehen, Radio, Zeitungen und Internet über den Bundeskanzler und die Minister, doch das gab es damals noch nicht. Ohne regelmäßige Reisen hätte das Volk nur abstrakte Vorstellungen gehabt, wie der König aussieht und wie er steine Rolle ausübt. Die Nähe zum Volk war wichtig, um Aufstände zu verhindern und das regelmäßige Aufsuchen der Adligen im Land diente der Sicherung der Loyalität.
Ein weiterer Grund für das Reisekönigtum war, dass die materiellen Ressourcen im Mittelalter sehr begrenzt waren. Das bedeutet, es wäre schwierig und aufwändig gewesen, einen Hofstaat dauerhaft an einem Ort zu versorgen. Einfacher war es, wo anders auf Zeit zu Gast zu sein und sich bewirten zu lassen. Dies teilte die Lasten und es mussten keine umfangreichen und teuren Versorgungsstrukturen aufgebaut werden.
Wenn der König vor Ort war, konnte er sich ein gutes Bild von der Lage vor Ort machen. Als oberster Richter und Verwalter seines Reiches konnte er eine bessere Einschätzung der Lage erlangen und passendere Entscheidungen treffen. Er war nicht auf Berichte von Dritten angewiesen, die möglicherweise von eigenen Interessen verfälscht und beeinflusst waren.
Gab es einen Krieg, so war der König in der Regel vor Ort. Die Präsenz des Königs zementierte seine Macht und motivierte seine Soldaten, für ihren König zu kämpfen.
In einer Zeit, in der das Transportwesen und die Kommunikation über große Entfernungen noch langsam und unzuverlässig waren, war das Reisekönigtum die effektivste Methode zur Verwaltung des Reiches und Sicherung der eigenen Macht.